MYONET - Atlas Musculatur Orofacial System

Atlas Musculatur: Besonderheiten,I,1,2,3,4

Erhard Thiele 13 Atlas Musculatur Gliederung       MYONET.Gesamtprogramm inhaltsübersicht     

1.1.3 Abhandlung muskulärer Besonderheiten der Muskeln des Areals I

– orofaziales System –

 

Abb.17a/b:   Anordnung der synchron geschalteten Muskelareale des Orbicularis oris aus funktioneller Sicht (Ringe: peripher, medial, central und Scheiben, sagittal)

I/1. (M. nasalis) Ein Teil der pars alaris, die vom Alveolarknochen des seitlichen Schneidezahns ausgeht, strahlt in die Oberlippe ein, wodurch diese nach seitwärts zentripetal gezogen wird. Der Orbicularis (4) liegt darüber, so dass der zentripetale Effekt von diesem noch verstärkt werden kann; Abflachen des Vorhofes, Druck auf die Oberkieferschneidezähne, beid- oder einseitig, mehr auf den mittleren oder den seitlichen Zahn.

I/2. (M.depressor septi) Wird auch als Teil des Orbicularis (4) angesehen, geht vom Alveolarknochen des mittleren Schneidezahnes aus. Man kann von ihm noch den M. apicis nasi (Nasenwurzelmuskel) abteilen, der zur Nasenspitze zieht und den vorderen Teil des Nasenloches erweitert. Für ihn trifft in abgewandelter Form das oben Gesagte zu, er verstärkt den Druck auf den mittleren oberen Schneidezahn.

 I/3. (M. levator labii superioris et alae nasi) Das seitliche Bündel verlängert sich in den seitlichen Teil der Oberlippe und zeigt eine Verflechtung mit dem Levator labii superioris (8) und dem Orbicularis (4). Durch ihn kann dieser Teil der Oberlippe angehoben und ausgestülpt werden, was die zentripetale Kraft hier vermindert.

 I/4. (M. orbicularis oris) Der Orbicularis ist die muskuläre Grundlage der Lippen. Er bildet eine Funktionsgemeinschaft mit den ,Radspeichen’. Bemerkenswert ist das Entspringen aus den senkrecht zum Mundspalt verlaufenden Zwischensehnen, so dass kein wahrer Ringmuskel vorliegt, sondern eher zwei Bögen. Diese Zwischensehnen sind auch Fixpunkt für die Speichen, die zum Mundwinkel laufen (s. o.). Alle Muskeln, die an den Schneidezahnalveolarknochen entspringen, werden auch als Musculi incisivi labii superioris/inferioris bezeichnet.               ---------             Vom eigentlichen Orbicularis kann man anatomisch ( im Gegensatz zu der zuvor beschriebenen Einteilung in funktionsgekoppelte Areale, siehe Abb.17a,b) drei Hauptbündel differenzieren. Die Pars marginalis liegt im Bereich des Lippenrotes und biegt mit ihren Fasern häkchenförmig nach aussen um. Der periphere Teil der drei Bündel wird als die Pars labialis bezeichnet und ist der Hauptbestandteil. Der dritte Teil ist das Rektussystem, das radiär ausgerichtet ist. Diesem schliessen sich die Radspeichenfasern an, so dass wir ein ähnliches System haben, wie wir es in der Folge noch bei der Zunge antreffen werden, Binnenmuskeln und von aussen einstrahlende, die Fasern des Depressor septi von der Nasenscheidewand, des Buccinator, Fasern des Levator und Depressor der Lippen, die bis zur Medianlinie verlaufen. Diese, wie auch die des Zygomaticus (6), verlaufen etwas schräg, wodurch bei Verflechtung und Kreuzung Ober-/Unterlippe am Mundwinkel ein Knoten entsteht. Man kann dort den Modiolus gut tasten und teilweise auch durch die deckende Haut erkennen. Er stellt in unserem Radspeichenvergleich die Radnabe dar oder exakter, die halbe Nabe des halben Rades der einen Gesichtshälfte. Durch entsprechende Koordination des Muskeltonus der Speichen kann der Modiolus in jeder gewünschten Position im Mundwinkelbereich festgesetzt werden. Das ist für uns von Bedeutung einmal als übermässige zentripetale Krafteinwirkung, andererseits als Stelle, die zum Bekauen reizt. Bezüglich des Andruckes beschreibt Gray Fasern, die sagittal, von aussen nach innen, von der Tiefe der Hautoberfläche durch den Lippenwulst zur Membrana mucosa verlaufen. Die tiefen Fasern drücken vermehrt die Lippen auf die Frontzähne, während die mehr oberflächlichen die Lippen mehr einander nähern und vorstülpen. Über die diesbezügliche spezielle Physiologie haben wir schon bei dem ,Radspeichenvergleich’ gesprochen.